Die gängige Meinung zu Elektroautos ist: sie sind besonders für Stadtbewohner geeignet. Das meinen viele Autohersteller, aber auch viele Autofahrer. Warum ich das anders sehe, will ich im Folgenden kurz erläutern.
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Reichweite für Pendler auf dem Land

Die meisten aktuellen Modelle bieten Reichweiten im realen Betrieb von 140-170km. Für jemanden der wie ich auf dem Land wohnt und zur Arbeit pendelt reicht das in den meisten Fällen bequem aus. Bei einem Arbeitsweg von 50km einfach bzw hin und zurück 100km bleibt noch genug Puffer für unvorgesehenes und für Mehrverbäuche in der kalten Jahreszeit, auch wenn man nicht am Arbeitsplatz laden kann. Womit wir beim nächsten Thema sind:
Aufladen

Landbewohner und Bewohner der Vororte haben zumeist eine eigene Garage. Und die hat fast immer einen Stromanschluss. Selbst wenn es nur eine einfache mit 16A abgesicherte Leitung gibt, reicht das locker aus, um das Auto über Nacht wieder voll aufzuladen. Viele können in der Garage aber mehr elektrische Leistung abrufen, so dass das Auto schneller wieder aufgeladen ist. Eine Ladebox für die eigene Garage ist schnell montiert.
Stadtbewohner hingegen sind hingegen meist Laternenparker oder haben nur gemietete Stellplätze. Sie sind auf öffentliche Ladesäulen angewiesen. Diese stehen noch nicht wie in Norwegen so dicht, dass fast jeder Parkplatz eine einfache Schuko-Steckdose hat. Somit muss man z.T. längere Fußwege in Kauf nehmen – da ist es für viele doch noch bequemer 1x pro Woche mit dem Benziner zur Tankstelle zu fahren als jeden Abend und jeden Morgen einen Spaziergang zum Auto zu machen.
Ein Auto in der Stadt?

Je nach Größe der Stadt muss man sich sowieso die Frage stellen: brauche ich überhaupt ein Auto? Alle größeren deutschen Städte sind recht gut mit ÖPNV ausgestattet, für weitere Reisen sind Fernbahnhöfe meist schnell erreichbar, kleine Strecken lassen sich oft gut mit dem Fahrrad oder Pedelec erledigen, evtl mit einem Elektroroller. Braucht man tatsächlich mal ein Auto, sind häufig Carsharing-Angebote vorhanden, die z.T. sogar auf Elektroautos setzen.
Würde ich in einer größeren Stadt wohnen, ich hätte sehr wahrscheinlich kein eigenes Auto. Klar gibt es Leute auf die das in den Städten nicht zutrifft: weil sie doch immer wieder weite Strecken fahren müssen, weil sie oft wechselnde Ziele außerhalb der Stadt erreichen müssen, weil eine Familie mit drei Kindern und Einkäufen nur sehr umständlich ÖPNV fahren kann, weil weil weil… Aber in dem Fall schafft man eher nur ein Auto an und nicht zwei. Und das ist dann eben doch ein Verbrenner (wegen der höheren Reichweite, den Lademöglichkeiten in der Stadt, …).
Und die Praxis zeigt…

…dass ich mit dieser Meinung doch gar nicht alleine bin. Zumindest sehen das wohl viele, die sich ein Elektroauto gekauft haben, ebenso. Während dieser Artikel eine Weile im Entwurfsstadium in meinem Blog lag, kam eine Studie des DLR heraus an der sich 3.111 Fahrer von Autos mit elektrischem Antrieb beteiligten: über die Hälfte von ihnen wohnt in Kleinstädten und Landgemeinden mit einer Größe von weniger als 20.000 Einwohnern. Nur 22% wohnen in einer Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern. Die Studie bestätigt damit meine Erfahrung und meine Vermutung.
Fazit
Deshalb liebe Landbewohner: denkt mal darüber nach, ob ihr nicht doch ein Elektroauto fahren wollt. Insbesondere in Haushalten mit zwei Autos lässt sich meist problemlos eins gegen ein Elektroauto tauschen. Und ihr, liebe Autohersteller: designt und bewerbt die Elektroautos nicht immer als “Stadtautos”, Eure eigentliche Zielgruppe sind erstmal die Landbewohner und Pendler.
Ganz meine Meinung. Das E-Auto ist das perfekte Peripherie- und Landfahrzeug. Städter brauchen eher keine. Es gibt in Deutschland 10 Mio Zweitwagen, die nur auf Kurzstrecke unterwegs sind. Ein Radius von 70 km pro Tag sollte doch eigentlich alles abdecken, was ein Zweitwagen so fährt. Also sollte mal jeder, der die Absicht eines Fahrzeugkaufs hat, überlegen, ob es nicht Zeit ist für die neue Mobilität. Die Alternativen sind da, es gibt keine Entschuldigungen mehr.
Immer mehr Halter von PKWs in Städten sind sowieso bereits mitten in einem Umdenkprozess weg vom eigenen PKW. Smartphones und neue Mobilitätsangeboten machen es möglich. Für jeden, der testen will, ob Elektroautos tatsächlich zu den eigenen Bedürfnissen passen sollte vielleicht mal die App iEV testen (www.ievapp.com).